LESEPROBE

Украинское Конго - Новости Ближнего Востока Европы

 

 

 

 

(...) Ich schiebe, trage, wuchte meine vereinigten Gepäckstücke zur Tür hinein, platziere sie in eine Ecke. Wende mich der Bar zu. Dort erwartet mich Seltsames: ein lebensgroßes etwas lehnt hinter der Bar, den Rücken zu mir gewandt, unbeweglich. Das rätselhafte Wesen scheint aus Fell oder Pelz zu bestehen. Es ist ein bisschen zusammengesunken, als wäre es sehr müde. Es rührt sich noch immer nicht. Ich bemerke, dass es atmet, denn sein Rücken hebt und senkt sich unmerklich.

   

   Es lebt also ! Ich trete näher, nehme auf einem Barhocker Platz und sehe Mr. oder Mrs. Pelz beim Atmen zu. Dann ist mir nach Beschleunigung des Geschehens: ich lasse meinen Schlüssel in ein auf der Theke stehendes, leeres Glas fallen. Innert einer Sekunde kommt Bewegung in meine Barbekanntschaft. Das etwas richtet sich langsam auf, atmet tief ein und dreht sich zu mir um. Eine Armlänge von mir häutet sich ein bis eben noch geschlechtsloses Felltier. Nicht zu einem Mister, sondern definitiv zu einer Miss !

 

   Als sie ihren Blick hebt und ihre grünen Scheinwerfer auf mich richtet, bin ich in der Sekunde geblendet – und gefährdet, mental von der Straße abzukommen, vom Barhocker zu fallen. Für ein paar Sekunden vergesse ich, ohnehin bereits blind, zu atmen. Die Geistesgegenwart, da ist sie ja wieder ! Ich tauche auf aus meinem Delirium, kneife mich kurz und stelle fest. Sie ist wirklich da. Und jetzt lächelt sie auch noch ! OMG !

„Möchten Sie auch einen Tee ?“

– Sicher.

Sie verlässt kurz die Theke, um Tee zu brühen. Das erleichtert mir die Orientierung im hier und jetzt. Ich scanne und bemerke: meine Barfrau trägt einen XL-Fell-Hoodie, mit einer Riesenmütze mit aufgenähten Bärenohren. Pechschwarze Haare und ein diskretes Zungenpiercing, was ihrer Artikulation eine interessante Note hinzufügt.

 

   Der Tee also. Schwarz. Zucker hier, Zucker dort, Milch hier, keine dort. Für eine Minute genießen wir schweigend die müde Zweisamkeit des Zufalls.

„Sie mussten wohl auch sehr früh aufstehen heute ?“ beginne ich.

(Sie gähnt damenhaft) Nun …

„Fünf Stunden habe ich geschlafen“ lamentiere ich.

„Nun, ich habe gar nicht geschlafen“ flüstert sie fast und massiert ein Ohrläppchen, als wollte sie so die Lebensgeister wecken.

„Ach, es war ja gestern Samstag. Waren Sie tanzen ?“ forsche ich.

Jaaaa (gähnt sie und entschuldigt sich sogleich und mit rotem Kopf).

„Entschuldigung, ich komme gleich“. Sie verschwindet in einen Nebenraum hinter der Theke. Ich nippe am Tee und denke tatsächlich zwei Minuten an nichts, ein seltener Zustand.

 

  Dass wir uns hier in einem Flughafengebäude befinden habe ich längst vergessen. Da ist sie wieder ! Irgendetwas hat sich verändert. Sie kommt an die Theke, Ellenbogen auf die Theke gelehnt. Sie hat sich nachgeschminkt ! Und ihre grüne Augen strahlen jetzt noch mehr ! (...)

 

 

 

 

Auszug aus: Miss Dnipro